Forschungsschwerpunkt Sonne

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Phänomene der solaren Photo- und Chromosphäre

Die Sonne – Ein ganz gewöhnlicher Stern

Als selbstleuchtende Gaskugel sendet unsere Sonne, als ein durchschnittlicher Hauptreihenstern am äußeren Rand unserer Milchstraße, neben elektromagnetischer Strahlung auch Teilchen in den interplanetaren Raum. Nur diese Informationen können wir von der Erde oder aus dem Weltraum nachweisen, um somit unser Verständnis über die Physik der Sterne auszubauen. Im Gegensatz zu anderen Naturwissenschaften können Astronomen mit dem Objekt der Forschung nicht in ein Labor unter kontrollierten Bedingungen in Echtzeit experimentieren. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Experimente der Natur, die unter extremen physikalischen Bedingungen ablaufen, genau aufzuzeichnen, Muster und Abhängigkeiten zu erkennen und dadurch Vorhersagen astrophysikalischer Modelle zu überprüfen. Da uns ca. 150 Millionen km von der Sonne trennen, sind wir nicht in der Lage unser Tagesgestirn ‚live‘ zu beobachten: Etwas mehr als 8 Minuten ist jede Aufzeichnung der solaren elektromagnetischer Strahlung alt. Hochenergetische Teilchen brauchen hingegen einige Tage, bis sie die Erde erreichen und durch das irdische Magnetfeld abgelenkt werden. Diese Tatsache, hindert uns jedoch nicht daran, Schritt für Schritt die Geheimnisse der physikalischen Prozesse der Sonne zu lüften. Banisch (2012) fasst in den ersten Kapiteln unser aktuelles Wissen über die Physik der Sonne kurz und verständlich zusammen.

Unsere neusten Beiträge zum Thema Sonne

  • Die Sonne im Licht der Hα-Wasserstofflinie
    Die Sonne ist unser Stern am Tageshimmel und spendet neben Licht, Wärme und Leben auch eine Reihe von spektakulären Phänomenen, die wir mit speziellen Sonnenteleskopen studieren können. Im sichtbaren Licht der elektromagnetischen Strahlung (bei ca. 400-780 nm Wellenlänge) können beispielsweise Sonnenflecken beobachtet werden. Das sind Gebiete erhöhter magnetischer Aktivität, die den Nachschub von Wärme via…
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  • Partielle Sonnenfinsternis in Meckesheim vom Dienstag, den 25.10.22
    Die Sonne wurde am 25.10.22 bis zu einem viertel vom Mond bedeckt. Das seltene Ereignis begann um 11:12 MESZ mit dem Eintritt des Mondes und endete mit dem Austritt des Mondes vor der Sonnenscheibe um 13:11MESZ. Um 12:10 MESZ wurden knapp 20% der Sonnenscheibe vom Mond bedeckt. Viele Besucher konnten bei Wolkenlücken dieses Ereignis an…
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  • Eine über 600.000 km lange Protuberanz gesichtet
    Protuberanzen sind Materieströme auf der Sonne, die besonders am Sonnenrand durch ihre bogenförmige Struktur im roten Licht der Hα-Linie beeindrucken. So auch geschehen am 5. September während einer spontan veranstalteten Sonnenbeobachtung. Ein Blick durch das 50 mm Hα-Teleskop am Sonnenturm der Sternwarte zeigte bei 13 mm Okularbrennweite eine aktive rote Sonne. Doch es waren nicht…
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Weitere Beiträge aus diesem Forschungsbereich

Warum die Sonne beobachten?

Die Sonne ist der einzige Stern, den wir aus nächster Nähe beobachten können. Kein Bild der Sonne gleicht dem anderen – jede Aufnahme oder Messung ist einzigartig. Anders als bei anderen Himmelskörpern ist hier die andauernde Veränderung die Regel – genau das macht die Sonnenbeobachtung so einzigartig!

Im Zeitalter der Raumfahrt wird die Sonne rund um die Uhr beobachtet. Unmengen von Daten werden zur Auswertung an Experten gesendet und dennoch ist die Beobachtung unseres nächsten Sterns mit kleinen erdgebundenen Teleskopen von großer Bedeutung. Hier ein paar Gründe:

  • Die Sonne ist für uns auf der Erde der nächste Stern, dessen Phänomene wir mit unseren Teleskopen auflösen können und somit zum Verständnis der Sternphysik beitragen können.
  • Dieses mächtige astrophysikalische Labor vor unserer Haustür bietet uns täglich faszinierende Experimente unter extremen physikalischen Bedingungen an und das wird sich so schnell nicht ändern:
    • Räumlich gesehen befindet sich der nächste Stern mit 4,2 Lichtjahren etwa 266.000 Mal weiter entfernt ist als es die Sonne von der Erde ist. Wir werden keinen Stern so auflösen können wie unsere Sonne.
    • Zeitlich gesehen wird die Sonne als Hauptreihenstern noch 4,5 Milliarden die Erde stabil begleiten.
  • Der Einstieg in die Sonnenbeobachtung ist sehr einfach: Das geschützte bloße Auge kann die Tradition der Jahrtausend alten Sonnenfleckenzählung fortsetzen!
  • Die über Jahrzehnte regelmäßige Beobachtung und Dokumentation der Sonnenaktivität übertrifft die Lebensdauer von Forschungssatelliten. Die dadurch gewonnene Expertise und Professionalität kann zur Klärung der zahlreichen offenen Fragen beitragen und somit einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung leisten.
  • Teleskope mit einer Öffnung von ca. 10 cm sind im Hinblick auf das Seeing ideal für die bodennahe Untersuchung der Sonne. In größeren Höhen können es auch größere Öffnungen sein.
  • Amateurastronomen können bei gutem Wetter schnell das Teleskop zur Sonne ausrichten und aktive Regionen ganztags verfolgen. Bewerbungen und Wartezeiten für Beobachtungsfenster an Sternwarten entfallen.
  • Aus der Kombination von boden- und satellitengestützten Beobachtungen können die umfangreichsten Daten und Erkenntnisse gewonnen werden – deshalb arbeiten Amateure und Profis Hand in Hand.
  • Nicht zuletzt: Dem Sonnenbeobachter bleiben die meist kalten und schlaflose Nächte erspart.

Offene wissenschaftliche Fragestellungen

Hier ein Auszug zur Anregung wissenschaftlicher Untersuchungen:

  • Offenbar bewegen sich größere Sonnenflecken mit 25-30 Tagen schneller um die Sonne als die ungestörte Photosphäre mit 26-36 Tage. 
    • Wie genau hängt die Rotationsdauer der aktiven Regionen von der Magnetfeldstärke ab?
    • Wie sehen Rotationsprofile von chromosphärischen  Erscheinungen aus, die noch weiter von der Tachocline entfernt sind?
    • Ist die Verankerung von Störungen der Photosphäre an der Tachocline die einzige Ursache für Abweichungen der differentiellen Rotationsgeschwindigkeit?
  • Poren weisen 20-50% der Strahlungsintensität der ungestörten Photosphäre.
    • Wie verhält sich die Intensität in Abhängigkeit von der Wellenlänge?
    • Welche Schlüsse können aus den Eigenbewegungen von Poren gezogen werden, die auf Strömungen und damit zusammenhängende Veränderungen des Magnetfeldes hinweisen?
    • Können Fehlstellen die Entstehung von Poren einleiten, indem sie ihre Helligkeit reduzieren?
    • Ab wann entwickelt sich eine Pore zu einem Sonnenfleck?
  • Umbral Dots (auch Umbralgranulen genannt) sind aufgehellte, verwaschene Stellen in Umbren.
    • Sind Umbral Dots die Vorboten von Lichtbrücken?
    • Warum ist das Magnetfeld in den Umbral Dots bis zu 1400G schwächer als in der umgebenden Umbra?
  • Wie entsteht die scharfe Grenze zwischen Umbra und Penumbra?
  • Umbrale Materie in der Penumbra zeigt Helligkeitsänderungen:
    • Was passiert aus den dunklen Regionen?
    • Entwicklen sich aus den hellen Regionen immer Lichtbrücken?
  • Bright points (auch helle Flecken genannt) sind heller als umbral dots und zeigen Konvektionsströmungen wie die Granulation.
    • Warum sind bright points um eine Größenordnung stabiler als die Granulation in zeitlicher Hinsicht?
    • Was ist der Zusammenhang zwischen bright points und Lichtbrücken?
  • Magnetische Flußröhren steigen in der Konvektionszone nach oben
    • Ist Auftrieb die Ursache hierfür?
    • Sind bright points Indikatoren für kleine Flußröhren, während Poren und Flecken mit größeren Flußröhren zusammenhängen?
  • Die Natur von Lichtbrücken ist heute noch weitgehend unklar:
    • Gibt es einen Zusammenhang zwischen Lichtbrückentypen und der Waldemeierklasse oder treten alle Lichtbrückentypen in allen Klassen gleichmäßig auf?
    • Sind Lichtbrücken ein Phänomen alternder Gruppen oder treten sie auch in den Frühphasen der Fleckenentwicklung auf?
    • Wie unterscheiden sich einzelne Granulen in Lichtbrücken von den photosphärischen Granulen in Bezug auf Größe, Helligkeit und Lebensdauer?
  • Ein innerer heller Ring kann sich zwischen Umbra und Penumbra bilden – ähnlich wie der äußere helle Ring zwischen Penumbra und der ungestörten Photosphäre.
    • Handelt es sich beim inneren hellen Ring um eine optische Täuschung?
    • Hängt die Wahrnehmung von der Wellenlänge ab?
    • Handelt es sich um nahegelegene Fackelgebiete?
    • Ist das Phänomen stärker ausgeprägt, wenn die Fläche der Umbra (Magnetfeld) größer ist? 
  • Die Einzelheiten der Bildung von Sonnenflecken sind noch unklar:
    • Welche Änderungen führen zur Ausbildung der scharfe Grenzen zwischen Umbra, Penumbra und der ungestörten Photosphäre?
  • Statistische Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Sonnenflecken im Rahmen des elfjährigen Zyklus:
    • Ändert sich die Lebensdauer einer Klasse von Gruppen?
    • Ändern sich die typischen Formen der Entwicklungskurven?
    • Können Zusammenhänge zwischen den Entwicklungskurven und anderen Eigenschaften einer Gruppe nachgewiesen werden?
      • Neigung der Hauptachse gegen den Äquator
      • Anzahl der Lichtbrücken
      • Größe und Helligkeit der begleitenden Fackeln
      • Häufigkeit von Flares
    • Kann das Verhältnis der Flächen von Umbra und Penumbra…
      • als Maß des Entwicklungszustandes einer Gruppe angesehen werden?
      • im Laufe des elfjährigen Zyklus variieren?
    • Wie hängt das Maximum des Umbrafläche mit der Umbrahelligkeit zusammen und wie sieht dies im Laufe des elfjährigen Zyklus aus?
    • Aufnahmen von schnellen Veränderungen in aktiven Gruppen können folgende Daten liefern:
      • Geschwindigkeit der Annäherung oder Entfernung von Einzelflecken relativ zum Zentrum des Hauptflecks
      • Veränderungsgeschwindigkeit
        • der Fleckenfläche einer Gruppe
        • von Lichtbrücken 
        • von Einzelflecken
    • Wann folgen aus Fackeln Sonnenflecken?
    • Was bewirkt die Entstehung von Spikulen am Sonnenrad bzw. Fibrillen auf den Scheibe im H-alpha Licht?
  • Genauere Untersuchungen von Eigenbewegungen in Fleckengruppen können Aufschluss auf folgende Fragen geben:
    • Liegt der p-Fleck i.d.R. näher am Sonnenäquator?
    • Rotiert einer der Hauptflecken schneller als der andere?
    • Gibt es Muster bei Fleckenbewegungen in einer Gruppe oder gibt es keine Systematik?
  • Prinzipiell sind chromosphärische Fackeln (Plages) größer, das das Magnetfeld ausgedehnter ist. Wie hängen photosphärischen und chromsphärischen Fackeln zusammen? 
    • Gibt es einen definierten Zusammenhang außer Höhe, Dichte und Temperatur?
    • Gibt es neben morphologischen Unterschiede auch solche in der Lebensdauer?
    • Wenn ja warum?
  • Die seltenen Weißlichtflares stehen in engem Zusammenhang mit anderen Erscheinungen in aktiven Regionen:
    • Welche Erscheinungen begleiten die Weißlichtflares?
    • Sind Flares in H-alpha immer die Vorboten?
  • Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den photosphärischen Fackeln und den Plages in der Chromosphäre?
  • Wie wird die Materie in den heckenförmigen Protuberanzen ersetzt? Geschwindigkeitsmessungen von ruhenden und eruptiven Protuberanzen können hier weiter helfen.
  • Ruhige chromosphärische Regionen können durch externe Einflüsse aktiviert werden:
    • Wie wird magnetische in kinetische Energie umgewandelt?
    • Sind Moreton-Stoßwellen die einzige Ursache
  • Unter welchen Begleiterscheinungen und Bedingungen entwickelt sich aus einem Flare ein koronaler Massenausbruch?

Sollte die eine oder andere Frage bereits geklärt sein, freuen wir uns über eine Rückmeldung!

Vorgehensweise bei der Beobachtung

Für die Beantwortung eines großen Teils der obigen Fragestellungen sind strukturelle und kinematische Untersuchungen von Aktivitätsregionen der solaren Photo- und Chromosphäre erforderlich. Die Veränderungen der Phänomene erfolgen auf Zeitskalen von Minuten bis Tagen, sodass sich die Beobachtungen über den Tag und wenn es das Wetter erlaubt auch über mehrere Tage hinweg erstrecken. Da die Phänomene in den unterschiedlichsten Regionen der solaren Atmosphäre prominent sind, kommen neben Weißlichtaufnahmen auch schmalbandige Aufzeichnungen in den Linien H-Alpha, CaK, Na D2 und Mg I b2 – idealerweise simultan. Aus diesem Grund ist der sog. Sonnenturm der Volkssternwarte mit mehreren Refraktoren auf einer HEQ-5 Pro-Montierung ausgestattet.

Während der Einsatz von H-Alpha-Filtern bzw. Teleskopen weit verbreitet ist, ist dies für die blaue Linie von CaK, Na D2 und Mg Ib2 nicht der Fall. Wozu diese Aufnahmen?

H-AlphaCa KNa D2Mg I b2
Wellenlänge (nm)656,3393,4589517,2
Bandbreite (nm)0,3-0,50,24< 0,5< 0,4
Prominente PhänomeneProtuberanzen
Filamente
Flares
Supergranulation
in Emission
Entsteht in Regionen
die tiefer und kühler
sind als H-Alpha
Flecken
Plague
Granulation
Super-Granulation
Pre-Flare
stark magnetisierte
Regionen
Einsatzbereich der verschiedenen schmalbandigen Sonnenfilter

Die H-Alpha Aktivität wird regelmäßig bei der Fachgruppe Sonne der Vereinigung der Sternfreunde e.V. eingereicht.

Sicherheitshinweis

Die Sonne ist ein interessanter aber auch sehr gefährlicher Himmelskörper – selbst aus einer Entfernung von fast 150 Millionen Kilometern und hinter den Schutzschildern der Erde (Magnetfeld und Atmosphäre). 

Hier die wichtigsten Hinweise:

  • Niemals direkt ins Sonnenlicht schauen!
  • Ferngläser und Teleskope nie unbeaufsichtigt lassen!
  • Sucherfernrohre immer abgedeckt halten!
  • Unbenutzte Teleskope immer abgedeckt lassen!
  • Besondere Vorsicht bei öffentlichen Führungen!

Literatur

  • J. L. Jenkins: Observing the Sun – A pocket field guide, Springer 2013
  • J. Banisch: Die Sonne – Eine Einführung für Hobby-Astronomen, OCULUM 2009
  • K. Reinsch et. al.: Die Sonne beobachten, Sterne und Weltraum 1999
  • K.R. Lang: The Sun from Space, Springer 2000
  • A. G. Smith: Radio Exploration of the Sun, D. Van Nostrad Company 1967
  • S. Arnold: Getting started in Radio Astronomy, Springer 2014
  • C. Laufer: The Hobbyists’s Guide To The RTL-SDR, Amazon Fulfillment, 2015
  • J.D. Krauss: Radio Astronomy, 2nd Edition, Cygnus Quasar Books 1986

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