Eine über 600.000 km lange Protuberanz gesichtet
Protuberanzen sind Materieströme auf der Sonne, die besonders am Sonnenrand durch ihre bogenförmige Struktur im roten Licht der Hα-Linie beeindrucken. So auch geschehen am 5. September während einer spontan veranstalteten Sonnenbeobachtung. Ein Blick durch das 50 mm Hα-Teleskop am Sonnenturm der Sternwarte zeigte bei 13 mm Okularbrennweite eine aktive rote Sonne. Doch es waren nicht die Protuberanzen am Sonnenrand, sondern eine dunkle, fadenförmige Struktur auf der südlichen Sonnenscheibe, die auf den ersten Blick wie ein Haar auf der Optik erschien. Schnell stellte sich aber heraus, dass es sich um ein Filament handelt: Eine Protuberanz auf der Sonnenscheibe, die praktisch einige 10.000 km über der brodelnden Sonnenoberfläche dank magnetischer Kräfte schwebt. Der teilweise ionisierte Wasserstoff dieses Plasmaschlauches war etwa 630.000 km lang und der Durchmesser betrug bis zu 20.000 km. Protuberanzen und Filamente sind physikalisch ein und dasselbe chromosphärische Phänomen, das nur aufgrund von Kontrastunterschieden unterschiedlich wahrgenommen wird.
Nach der visuellen Beobachtung folgte die fotografische Dokumentation. Alle Aufnahmen der Sonne wurden mit einer S/W-Kamera im Videomodus gemacht. Diese hat gegenüber einer Farbkamera eine höhere Empfindlichkeit und Auflösung. Auf eine nachträgliche Einfärbung wurde verzichtet, da damit kein weiterer Informationsgewinn für strukturelle und kinematische Untersuchungen gegeben ist. Mit Belichtungszeiten unter 1/30s konnten wir das teilweise üble Seeing gerade noch in den Griff bekommen. Da aber nachmittags die Sonne über das ausgefahrene Dach steht, dominiert das lokale Seeing des im Temperaturausgleich befindlichen Rolldachs die Bildqualität. Messungen haben gezeigt, dass die besten Sonnenbilder am frühen Morgen über die idealerweise schneebedeckten Felder gemacht werden können.