Die Sonne im Licht der Hα-Wasserstofflinie
Die Sonne ist unser Stern am Tageshimmel und spendet neben Licht, Wärme und Leben auch eine Reihe von spektakulären Phänomenen, die wir mit speziellen Sonnenteleskopen studieren können. Im sichtbaren Licht der elektromagnetischen Strahlung (bei ca. 400-780 nm Wellenlänge) können beispielsweise Sonnenflecken beobachtet werden. Das sind Gebiete erhöhter magnetischer Aktivität, die den Nachschub von Wärme via Konvektion aus dem Sonneninneren stören. Dadurch sind diese Regionen um ca. 1500 Grad kühler als die etwa 5000 Grad heiße Umgebung der sog. Photosphäre, der untersten Schicht der Sonnenatmosphäre.
Oft werden diese Aktivitätsregionen auch durch Gasausbrüche begleitet. Diese sog. Protuberanzen strahlen im roten Licht der Hα-Linie bei 656,3 nm und können im Gegensatz zu den Sonnenflecken nicht im gesamten sichtbaren Bereich beobachtet werden, da sie regelrecht von der Photosphäre überstrahlt werden. Nur während einer totalen Sonnenfinsternis kann der Sonnenrand samt Protuberanzen für wenige Sekunden beobachtet werden. Mit bloßem Auge kann dann tatsächlich die Chromosphäre untersucht werden – die Gasschicht der Sonne, die an der Photosphäre anschließt und ca. 2000 km mächtig ist. Im Vergleich zum Sonnenradius von knapp 700.000 km ist das aber nicht viel.
Um Protuberanzen und weitere interessante Phänomene der Chromosphäre der Sonne nicht nur während einer kurzweiligen Sonnenfinsternis untersuchen zu können, kommen heutzutage weitgehend Refraktoren mit speziellen Filtern zum Einsatz: Die Helligkeit des Sonnenbildes wird durch ein Blockfilter (Bandpassfilter) reduziert. Um die Hα-Linie zu isolieren, kommen in der Regel Etalons zum Einsatz, die durch destruktive Interferenz den größten Teil der Strahlung im sichtbaren Licht eliminieren und nur die das rote Licht mit einer Wellenlänge um 656 nm passieren lassen.
Auf der Sternwarte Meckesheim wird die Sonne regelmäßig beobachtet. Der Grund: Es ist nach wie vor unklar, wann, wie und warum die zahlreichen Phänomene in der Sonnenatmosphäre auftreten. Regelmäßige Beobachtungen der räumlichen und kinematischen Veränderungen der solaren Phänomene können mehr Daten für die Überprüfung von physikalischen Modellen komplexer magnetohydrodynamischer Prozesse liefern, um die teilweise noch geheimnisvolle Natur unserer Sonne besser zu verstehen. Teile der gewonnenen Daten werden in zentralen Datenbanken astronomischer Vereinigungen hochgeladen und stehen interessierten Amateuren und Wissenschaftlern zur Verfügung.
Mit dem sog. Sonnenturm der Sternwarte und seinen fünf Sonnenteleskopen ist es möglich, simultan in vier verschiedenen Bändern im sichtbaren Bereich mit Bandbreiten von 0,04 bis 10 nm Aufnahmen zu machen.
Unter anderem kommt ein Hα-Quark-Okularfilter der Firma Daystar zum Einsatz. Dieser Filter beherbergt eine 4,3-fache Brennweitenverlängerung, einen 12 mm-Blockfilter und ein 21 mm-Etalon. Für die Regulierung der Wellenlänge wird das Etalon mit 1,5 A bei 5 V über ein Netzteil erwärmt. Ein Blendensystem sorgt für die Reduktion von Streulicht und garantiert einen hohen Kontrast. Die Abbildung des Sonnenbildes erfolgt durch einen ED-Refraktor mit 102 mm Öffnung und 714 mm Brennweite, die Bildaufnahme über eine monochrome Astrokamera, in der ein Sony IMX174LLJ CMOS Chip verbaut ist und bis zu 120 Bilder pro Sekunde liefert. Dadurch kann die Luftunruhe weitgehend „eingefroren“ werden. Wegen ihrer höheren Auflösung werden monochrome Kameras gegenüber Farbkameras bevorzugt.
Untersuchungen im Licht der Hα-Linie zeigen Veränderungen von Protuberanzen, Filamenten und Fackeln in Zeitskalen von wenigen Minuten, während bei Phänomenen der Photosphäre (z.B. Sonnenflecken) erst nach einigen Stunden merkliche strukturelle Änderungen nachgewiesen werden können. Aus diesem Grund sind Hα-Beobachtungen besonders interessant.
Nach über 6 Jahren im regelmäßigen Einsatz konnte eine Reduktion des Kontrastes der Abbildung von Aktivitätsregionen der Chromosphäre beobachtet werden: Protuberanzen auf der Sonnenscheibe, die als dunkle Filamente erkennbar sind, waren kaum sichtbar. Die Ursache war schnell klar: Die Empfehlung des Herstellers bei Teleskopen ab 80 mm Öffnung einen UV-IR/Filter vor dem Quark-Filter zu schalten wurde nicht konsequent eingehalten. Die Hoffnung war nun, dass nicht das Etalon beschädigt wurde. Auf den Verdacht hin, dass nur der Blockfilter „gealtert“ ist, wurde bei der Fa. Quantum Design in Darmstadt der Bandpassfilter 656FS02-12.5 bestellt.
Dieser erfüllt mit einer Zentralwellenlänge von 656.3 nm +0.2/-0 nm, einer HWB von 1.0 nm ±0.2 nm, bei einer Transmission von mind. 45 % und einer Blockung von mind. OD4 alle Anforderungen für den korrekten Betrieb des Okularfilters. Nach dem einfachen Umbau konnte mit Erleichterung festgestellt werden, dass die Abbildung wieder so kontrastreich war wie davor.
Nun verhindert ein fest installierter UV/IR-Filter in der Umlenkoptik die vorzeitige Alterung des Okularfiltersystems. Zudem wird bei Beobachtungen über mehrere Stunden ein Energy Rejection (ERF)-Filter vor dem Okular gesteckt, das für auch für weniger Tubus-Seeing sorgt.